Unsere Arbeit in Zeiten von Corona – Teil II: Das Hospiz
Das Hamburg Leuchtfeuer Hospiz versteht sich als Schutzort für Menschen, die sich in ihrer letzten Lebensphase befinden. Dazu gehören neben fürsorglicher, persönlicher Betreuung und Versorgung auch ganz selbstverständlich die Besuche von Angehörigen und geliebten Menschen. Diese und andere Gewohnheiten werden durch das Corona-Virus aktuell auf die Probe gestellt – und teilweise sogar neu erfunden.
Das Wandeln zwischen Lebensgenuss und Abschied, zwischen Offenheit und Schutzort, ist ohnehin eine der steten Gratwanderungen im Hospiz von Hamburg Leuchtfeuer – dieser Tage wird der Spagat aufgrund von Corona jedoch noch einmal ganz besonders deutlich. Mareike Fuchs und ihr Team stehen vor der andauernden Abwägung, wie viel Offenheit und Besuch sie unter den aktuellen Umständen verantworten können. Die offiziellen Grenzen werden hier bereits von den Gesundheitsbehörden definiert: So dürfen derzeit lediglich registrierte Besucher*innen, die keiner Risikogruppe angehören, das Hospiz betreten. Gleichzeitig ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Sterbende die Gelegenheit erhalten müssen, Angehörige und geliebte Menschen zu sehen. Pro Tag darf daher pro Bewohner*in eine Person für eine Stunde zu Besuch ins Hospiz kommen. Dass es zu diesen Einschränkungen kommt, bedauert Hospizleiterin Mareike Fuchs, betont aber auch den Schutzauftrag in dieser komplexen Situation – nicht nur gegenüber den Bewohner*innen: „Da ist der Schutz der Allgemeinheit, der Schutz des Einzelnen und natürlich auch der Schutz und die Fürsorge für das Team, damit wir hier so lange wie möglich weiterarbeiten können.“
Der Arbeitsalltag verändert sich – Viel Unterstützung aus dem sozialen Netz
Der Schutz des Teams umfasst in diesen Tagen neben der Verwendung von Handschuhen auch den verstärkten Einsatz von Mundschutzen – eine in dieser Häufigkeit ungewohnte Situation, die jedoch nicht nur trennend wirkt, sondern auch einen Katalysator für positive Erlebnisse darstellt:
Zahlreiche Unterstützer*innen aus St. Pauli und darüber hinaus spenden Mundschutze, viele davon selbst hergestellt. Dies führe mitunter zu wundervollen Alltagsmomenten: „Wer den Mundschutz mit den Affen trägt, wird liebevoll ‚Äffchen‘ genannt. Über solche kleinen Dinge lachen wir viel und können uns daran festhalten. Es führt auch zu Gesprächen im gebotenen Abstand, man kann sich darüber austauschen, ob der Mundschutz gut aussieht und wie man sich passend dazu schminken soll“, berichtet Mareike Fuchs und resümiert: „Es ist ungewohnt, bei sämtlichen Tätigkeiten Mundschutz und Handschuhe zu tragen. Aber ich kann sagen, dass das gesamte Team, von der Hauswirtschaft über die Sozialpädagogin bis zur Pflege, den Alltag weiter so gestaltet, dass das Leben lebenswert bleibt.“
Neue Arbeitsstrukturen und Mehrarbeit – und Raum für Neues
Die Einschränkungen des alltäglichen Miteinanders wirken sich jedoch auch ganz praktisch auf den Umgang innerhalb des Teams aus. Wichtige Strukturen wie Dienstübergaben oder Besprechungen fallen kleiner oder gänzlich aus, Arztvisiten für die Bewohner*innen werden mitunter via Tele-Medizin durchgeführt – ehrenamtliche Mitarbeiter*innen können das Team des Hospizes aufgrund der Zugangsbeschränkungen derzeit leider nicht vor Ort unterstützen. Dies stellt laut Mareike Fuchs im doppelten Sinne eine Herausforderung dar, da ehrenamtliches Engagement zum einen elementarer Bestandteil des Hauses sowie der Hospizarbeit im Allgemeinen ist. Zum anderen bedeutet es für die hauptamtlichen Mitarbeiter*innen nun Mehrarbeit, zusätzlich zum normalen Pensum. Durch dieses erzwungene Aufbrechen von Gewohnheiten und Strukturen ergeben sich jedoch auch tolle und spontane Momente der Gemeinschaft: „Eine spontane Geschichten-Lesestunde beim Abendessen mit musikalischer Untermalung, ein Freiluft-Konzert der Musiktherapeutin vor dem Eingangsbereich des Hospizes – dies sind Momente die, ganz im Zeichen unseres Mottos, auch unter den aktuellen Umständen den Tagen mehr Leben geben“, so Mareike Fuchs. Dies seien wichtige, intensive Momente des Erlebens in dieser verdichteten, schnelllebigen Zeit.
Dazu tragen auch die zahlreichen Formen von Spenden und Unterstützungen bei, die das Hospiz dieser Tage erfährt: Viele Menschen finden trotz Corona Wege, ihre Anteilnahme und gedankliche Nähe zum Hospiz und den Bewohner*innen zu zeigen, etwa indem sie Bilder für die Bewohner*innen malen, Videobotschaften verschicken oder Briefe schreiben. Auf diese Weise könnten etwa auch Menschen mit geringen finanziellen Mitteln unterstützend aktiv werden, die sich engagieren möchten. Auch Sachspenden über medizinische Artikel hinaus sind in dieser Zeit willkommen und erleichtern allen Beteiligten den Alltag: „Dank einer Spende haben wir vier neue Tablet-PCs erhalten, sodass wir Bewohner*innen helfen können, Videoverbindungen einzurichten, damit sie mit ihren Angehörigen sprechen können.“ Da physische Formen des Miteinanders wegfallen, wird auch die Anteilnahme mit Angehörigen von Verstorbenen neu gestaltet und geformt. Der Schwerpunkt liegt hier dieser Tage auf tröstenden Worten, Gesten des Mitgefühls und verständnisvoller Mimik.
Auf diese Weisen wird das Gemeinschaftsgefühl im Hospiz trotz der räumlichen Distanz gestärkt: „In all diesen Maßnahmen schwingt die Botschaft mit: ‚Mein Herz und meine Gedanken sind bei dir‘. Hier geht es darum ein neues Miteinander zu schaffen – und wenn möglich hoffentlich auch über Corona hinaus weiterzutragen“, hofft Mareike Fuchs.
Wie man das Hamburg Leuchtfeuer Hospiz dieser Tage unterstützen kann
Um die Betreuungsqualität für die Bewohner*innen auf dem gewohnt hohen Niveau zu halten, ist das Hospiz nach wie vor auf Geld- und Sachspenden angewiesen. Darüber hinaus kennt Mareike Fuchs aber auch noch andere Mittel und Wege der Hilfe. Die Befolgung der amtlichen Bestimmungen zum Gesundheits- und Infektionsschutz helfe den Mitarbeiter*innen im Hospiz sowie dem Gesundheitssystem allgemein: „Wir können nur daran appellieren, die Abstandsregeln einzuhalten und zu versuchen, sich auf ein Mindestmaß an Kontakten zu beschränken.“ Dabei sollte aber nicht vergessen werden, auch auf das eigene Wohlbefinden und die Psyche zu achten. „Wir sind froh und dankbar, dass die Infektionskurve dank der Mithilfe der Bürger*innen hier bei uns so vergleichsweise flach gehalten wird. In Gedanken sind wir aber auch bei den Kolleg*innen und Bewohner*innen anderer Einrichtungen, in denen es allen Maßnahmen zum Trotz zu Coronafällen gekommen ist.“
Unabhängig davon, wie lange die Corona-Pandemie noch akut und aktuell sein wird, ist Mareike Fuchs nach wie vor fest vom Auftrag des Hospizes überzeugt: „Es ist unser gesellschaftlicher Auftrag, schwerkranke und sterbende Menschen – auch und gerade jetzt – zu unterstützen. Daher ist einer meiner Gedanken, dass wir alle im Blick behalten sollten, wie es mit uns weitergeht. Dass wir uns hinterfragen, welche Dinge im Leben wichtig sind. Und welche Verantwortung wir für uns selbst, aber auch für andere und für unsere Gesellschaft tragen.“
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Eine Übersicht über die Arbeit des Hospizes finden Sie HIER.
Allgemeine Informationen zum Corona-Virus in Hamburg finden Sie auf hamburg.de.