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Im Interview – 4 Fragen an Seren Gören, Bestatterin im Hamburg Leuchtfeuer Lotsenhaus

Warum bist du Bestatterin geworden?

Durch ein freiwilliges Praktikum in einem Bestattungsunternehmen mit 14 Jahren wusste ich bereits am ersten Tag meines Praktikums, dass ich Bestatterin werden möchte.

Mich haben die Themen Tod und Trauer schon immer sehr interessiert und vor allem haben mich die Menschen hinter diesen Themen interessiert.

Viele Menschen glauben, dass Bestatter einen eher eintönigen Job haben. Das ist keinesfalls so.

Wir verbringen viel Zeit mit den Angehörigen in der Zeit zwischen Tod und Beisetzung.  Ich werde den Angehörigen zwar niemals den Schmerz abnehmen können, ich kann jedoch versuchen ihn ein wenig erträglich zu machen, indem ich Raum für die Trauer gebe und so viele Aufgaben wie möglich für die Familie übernehme, sei es die Erledigung der Formalitäten oder das Organisieren der Trauerfeier und Beisetzung. Das besonders schöne für mich an diesem Beruf ist, dass die Angehörigen sich mir anvertrauen. Ich habe oft sehr intensive Gespräche mit den Angehörigen, die mich teilweise auch persönlich verändern. Ich lebe das Leben seit ich Bestatterin bin viel intensiver als vorher. Hinzukommt natürlich, dass der Beruf sehr vielfältig ist und von Sterbefall zu Sterbefall sehr individuell.

Was war deine Intention im Hamburg Leuchtfeuer Lotsenhaus
als Bestatterin anzufangen?

Nachdem ich die Stellenausschreibung gelesen habe, habe ich mich mit Hamburg Leuchtfeuer auseinandergesetzt und dann stand für mich fest, dass ich hier anfangen möchte. Ich wusste, dass ich hier im Lotsenhaus die Möglichkeit habe, ein wenig Farbe in diese Branche zu bringen und meine Kreativität vollumfänglich einzusetzen. Hamburg Leuchtfeuer hat mich besonders fasziniert, da hier jeder Mensch sein darf und sich so miteinbringen kann, wie er ist. Gerade Bestatter*innen aus meiner Generation möchten möglichst viel Farbe in diese Branche bringen. Hinzukommt natürlich die Unterstützung die wir als Mitarbeiter*innen bekommen. Gerade bei uns im Bestattungsbereich kommt es vor, dass es Aufträge gibt, die nachwirken. Deswegen ist es schön zu wissen, dass man hier nichts mit sich selber ausmachen muss, sondern immer Gelegenheit hat, sich Unterstützung zu holen. Ein ebenso ausschlaggebender Punkt für mich waren die Weiterbildungsmöglichkeiten bei Hamburg Leuchtfeuer. Hier habe ich die Möglichkeit mich weiterzubilden und eventuell sogar neue Wege in Form von Trauerbegleitung einzuschlagen.

Was ist das besondere im Lotsenhaus?

Der Tod gehört zum Leben und ist unumgänglich. Die Akzeptanz zum Tod kann nur geleistet werden, wenn man den Angehörigen die Zeit gibt, die Sie benötigen, um das Geschehene zu verarbeiten. Wir versuchen den Angehörigen die Zeit zu geben, die sie in dieser Situation benötigen. In meinem vorherigen Job war der Umgang mit dem Tod noch sehr konservativ. Am besten sprach man kaum darüber. Die Beratungsgespräche waren eher formell gehalten. Es wurde das nötigste besprochen. Es gab kaum die Möglichkeit, einen persönlichen Abschied, so wie er zum Verstorbenen passte, zu organisieren. Es war eher befremdlich, wenn man etwas Farbe in Form von bunten Tüchern mit in die Dekoration eingebracht hat. Hier ist es das Gegenteil. Es war für mich eine positive Umstellung, als meine Kolleginnen mich an die Hand genommen habe und gezeigt haben, was alles möglich ist und wie viel Zeit man eigentlich hat, nachdem ein geliebter Mensch gestorben ist. Es muss nicht immer alles gleich und sofort passieren. Gerade in Bezug auf die Überführung des Verstorbenen.  Es ist sehr interessant zu sehen, wie positiv die Menschen darauf reagieren, wenn wir vorschlagen, erst am nächsten Tag den Verstorbenen zu überführen und die Familie noch bis zur Überführung Zeit hat, Abschied zu nehmen, ganz ohne Zeitdruck.

Wo überschneidet sich deine Arbeit mit den anderen Bereichen
Trauerbegleitung und Bildung im Lotsenhaus?

Das Schöne an unserem Lotsenhaus ist, dass wir den Angehörigen hausintern immer die Möglichkeit geben können, auch nach der Beisetzung für sie da zu sein, wenn sie selber nicht mit der Trauer zurechtkommen. Auch für uns Bestatterinnen spielen unsere Trauerbegleiterinnen eine große Rolle. Sie blicken anders auf einen trauernden Menschen als wir es tun. Auch wir wenden uns nach manchen Gesprächssituationen an unsere Trauerbegleiterinnen, wenn wir merken, dass wir irritiert sind oder Fragen auftauchen und holen uns Anregungen wie wir uns in diesen Situationen gut verhalten können. Im Bereich Bildung wirken wir z.T. aktiv mit, beispielsweise gestalten wir Führungen mit Schulklassen oder Auszubildenden. Unsere Bildungsarbeit ist von dem Grundgedanken geprägt, dass sich der gesellschaftliche Umgang mit Tod und Trauer durch die persönliche Auseinandersetzung jeder und jedes Einzelnen wandelt. Wir sensibilisieren Menschen im beruflichen wie im privaten Kontext für diese Themen.